Ich habe schon einiges mit Pferden erlebt. Schöne und traurige Geschichten. Mit gutem Gewissen kann ich hier ein paar Gedanken und Erfahrungen aufschreiben. Mit Spott und typisch
veralteten Methoden sollte niemand mehr sich und sein Pferd stressen. Wer nicht offen für Neues ist, der hatte wohl noch nie mit einem verrittenen oder ängstlichen Pferd zu tun gehabt. Meiner
Meinung nach geht es nicht ohne Vertrauen! Es ist auch sehr wichtig, wo und wie das Pferd aufwächst ( Sozialkontakt, Auslauf, Weide ect.) Die Menschen müssen sich das Vertrauen
eines jeden einzelnen Tieres erarbeiten und verdinen! Wenn ich meine Herde auf der Weide beobachte, sehe ich, wie sie die Rangordnung unter sich ausmachen und dies Tag für Tag. Meistens bemerken
wir es gar nicht, aber so testen sie auch uns Reiter/ innen........
Hier ein paar ältere Beispiele von mir:
Damals war ich mit Carmen (5 jährig) auf einem gemütlichen Ausritt. Ich nahm die Zügel auf, gab die korrekten Hilfen, um zu galoppieren und als wir so richtig in Fahrt kamen und ein schönes,
rassiges Tempo hatten, fühlte ich mich so richtig frei und liess ihr etwas Kopffreiheit.
Plötzlich spürte ich wie der Rücken von Carmen sich wölbte und sie von sich aus innerhalb kürzester Zeit das Tempo zurück nahm. Ich wollte sie wieder antreiben, aber da steckte sie ihre
Vorderhufe in den Boden wie ein Westernpferd, das einen sliding Stop macht. Das alles wäre ja noch akzeptabel gewesen, aber diese Demi-Tour nach links gab mir den Rest und ich plumpste zu Boden-
et voila!
Ich hatte das Glück, dass ich sie noch am Zügel packen konnte, sonst wäre sie sicher in ihrer Panik nach Hause galoppiert!
Da ich ohne Sattel war, schwang ich mich mit letzter Kraft aufs Pferd. Nun beruhigte sich auch Carmen ein wenig und ich liess sie im Schritt diesen Weg passieren. Ich begann zu rätseln, wieso sie
das gemacht hatte. Ist es doch eigentlich ähnlich wie auf der Weide, denn sie musste nicht brav am Zügel sein, sondern hatte ihre Freiheit. Mir fielen dann Holzstämme, welche am Bachufer lagen,
auf und ich bemerkte, dass Carmen diese mit aufgeblähten Nüstern und nervösem Kopfschütteln anstarrte.
Sofort führte ich sie so dicht wie nur möglich zu den Stämmen und immer wieder wollte sie flüchten. Aber ich sprach möglichst ruhig auf sie ein und immer, wenn sie einen Schritt direkt auf
die Stämme machte, lobte ich sie und hielt sofort inne mit dem Vorwärtstreiben. Nach einiger Zeit bemerkte ich, wie sie die Angst verlor, aber immer noch misstrauisch war.
Ich trieb sie wieder an und sie marschierte gegen die Holzstämme. Dort angekommen beschnupperte sie die Stämme und wusste nichts Besseres zu tun, als hinein zu beissen. Ich konnte mir das Lachen
nicht verkneifen und lobte sie.
Ich dachte nach und kam zu folgendem Ergebnis:
Auf der Weide ist immer alles gleich. Wenn man aber ein Plastik irgendwo auf der Weide hinstellt, sieht man wie die Pferde am Anfang ängstlich sind - da es eben nicht zu ihrer gewohnten Umgebung
gehört! Man sieht die verschiedenen Charaktere der Pferde. Nach einiger Zeit geht aber jedes der Tiere in die Nähe des ungewöhnlichen Plastiks um die Neugier zu befriedigen.
Hätte Carmen auf diesem Ausritt alles so angetroffen wie es eben normalerweise auf der Weide war (ohne die Stämme), so wäre mir dieser Sturz nicht zugestossen - aber ich wäre um diese Erkenntnis
ärmer.
Ich versuche mich seither, viel mehr in das Pferd hinein zu versetzen und schaue nun auch besser die Umgebung an. Aber es kann immer etwas neues Unerwartetes passieren z.B ein Vogel, der sich in
dem Moment zum Wegfliegen entscheidet, als man mit seinem Pferd angetrabt kommt. Das Pferd ist als Pflanzenfresser ein Fluchttier. Erscheint ihm etwas gefährlich, wie hier der Vogel und dort die
Baumstämme, dann will es sich mit der Flucht vor der Gefahr retten. Hier ist dann ein überlegter, aufmerksamer und konsequenter aber auch gütiger Reiter/in gefragt.
Es gibt auch einfache Geräusche, die Pferde nicht gewohnt sind wie z.B das Flattern einer Fahne im Wind.
Seid also euren Vierbeinern nicht böse, wenn sie vor der Gefahr plötzlich weichen, dafür aber umso aufmerksamer. Würden wir so viel wahrnehmen wie unsere Pferde, ginge manch einer gar nicht mehr
aus dem Haus. Die Sinnesorgane - Gesichts -, Gehör - und Geruchssinn - informieren das Pferd sehr früh über Dinge, welche in einiger Entfernung von ihm geschehen. Ich habe die Stämme und ihre
einflössende Grösse genauso wenig wahrgenommen wie den eigentlich stark riechenden Harzgeruch, das Pferd aber sehr wohl. Für ihns war es Gefahr mit allen Konsequenzen.
Mit dem Berühren und Reinbeissen in den Stamm hat sich das Pferd mit seinem Tast- und Geruchsinn mit dem ihm fremden Gegenstand bekannt gemacht und ihn beherrscht, womit er für ihns keine Gefahr
mehr darstellte. Hätte es nicht in den Stamm gebissen, so hätte es nicht den Kontakt erhalten, um zu realisieren, dass es ihm nicht gefährlich ist!
Ich habe noch eine weitere Geschichte für euch: Ich besass ein Pferd, welches Gurtenzwang hatte und ich kaufte einen Gurt mit Lammfell. Ich hatte nie mehr Probleme. Meine Erklärung dazu ist
folgende:
Die Haut ist auch ein Tastorgan und die Ledergurte war nicht alt - aber sie wies kleine Fältchen auf und diese hat das Pferd sicherlich nicht als angenehm empfunden. Die Haut der Pferde und vor
allem junger Pferde ist sich nicht an solche neuen und "harten" Gegenstände gewöhnt. Es ist auch Vorsicht geboten beim Einfahren-/reiten der Pferde. Es sollten die sogenannten "Verbrennungen"
vermieden werden. Nach jedem Fahren oder Reiten ist daher mit kaltem Wasser die Sattellage,die Gurtenlage oder auch die Brustlage abzuspritzen oder zumindest abzuwaschen!
Eine weitere Geschichte:
Ich hatte eine Stute, welche schon 13 jährig war und sie konnte einfach nicht am Zügel gehen. Wir hatten dann eine andere Trense gekauft - nützte aber herzlich wenig. Ich versuchte es einmal mit
einem gebisslosen Zaum und voilà, ein komplett anderes Pferd stand vor mir.
Wir waren so unter uns "Rösseler" und tauschten unsere neuen Erkenntnisse aus .Da fragte mich jemand, ob wir schon einmal bei unseren Pferden die Zähne angeschaut hätten. Ich verneinte. Als der
Tierarzt aber gerade mal da war, liessen wir ihn in den Mund von unseren Vierbeinern schauen und tatsächlich hatte die eine Stute Wolfszähne und bei Jonny, einem Wallach, musste er die scharfen
Kanten abraspeln. Diese Konrollen sind mindestens jährlich vorzunehmen, soll das Pferd ein gutes Kauverhalten haben.
Es gäbe noch so manches "Gschichtli" zu erzählen. Nun aber das wohl wichtigste in Kürze:
Ich habe mich früher sehr schnell aufgeregt, wenn ein Pferd nicht begriff, was ich ihm beibringen wollte. Nun ist mir aber das Geheimnis bewusst geworden, wieso ein Pferd, welches 100 mal neben
dem gleichen Gartenzaun vorbeigehen konnte, beim 101 mal plötzlich nicht mehr in die Nähe des Zaunes will. Meine Antwort ist, dass z.B der Zaun weiss angestrichen wurde, eventuell riecht die neue
Farbe noch ein wenig und das Pferd realisiert die Veränderung und witterte Gefahr. Gefahr aber heisst Vortsicht oder sogar Flucht. Man muss ihm daher die Gelegenheit geben, wie beim einen
Beispiel oben, einmal den Zaun zu beschnuppern und zu betasten, so dass es wider erkennt, dass es nichts Gefährliches ist!
Vorsicht jedoch wenn ein Pferd euch testen will. Die Pferde versuchen ab und zu euch als Leittier aus dem Konzept zu bringen. Wehe der Reiter wirkt unsicher. Das Pferd fühlt das sofort und
erachtet sich als als Gewinner. Der gegenseitige Respekt geht damit verloren.
Versuchen wir am besten, die Pferde an einen gewissen Rhythmus zu gewöhnen, so gewinnen sie Vertrauen und Sicherheit. Auch wichtig ist es, fair, unmittelbar und konsequent mit Belohnungen und Bestrafungen umzugehen. Das versteht das Pferd. Spätere Bestrafungen vorallem kann es nicht mehr einer vergangenen Ungezogenheit zuorden.
Wer nicht meiner Meinung ist, der darf seine ruhig behalten. Solange er/sie mit seinem/ihrem Pferd zurechtkommt, ist es egal, wie gut man reiten kann und welche Reitweise man ausübt. Aber wehe, das Pferd ist einmal so viel und unvernünftig im Sport eingesetzt worden, dass es nicht mehr mitmachen will. Dann wird sehr oft nach alter Art das Pferd mit Gerte und Sporen gezwungen, über ein Hinderniss zu jagen. Niemand soll mir dann sagen dies habe noch etwas mit Reiten und Horsemanship zu tun. Dies sind dann nur noch Schlachten und irgendwann artet das Ganze in einen Kampf aus, dem jegliche Leichtigkeit und Eleganz abgeht..
Es kann gut sein, dass ein Pferd unter Zwang und mehr als fragwürdigem Korekturreiten wieder anfängt, mitzumachen und zu springen! Diese Pferde wirken aber immer verspannt und nervös auch zum teil ängstlich und unsicher. Fehler im Parcours sind dann an der Tageordnung.
Ein viel schöneres Gefühl ist es, wenn man ein TEAM ist, eine Einheit mit dem Partner Pferd!
Ich habe dies auf meine Homepage gesetzt, weil wir REITER viel zu oft dem PFERD anstatt sich selbst die Schuld geben, wenn es einmal nicht so läuft, wie man es haben möchte! Ich sehe es auf den Concours- und Abreitplätzen immer wieder, wie unvernünftig mit dem Pferd umgegangen wird. Die meisten dieser Reiter und Reiterinnen wissen meistens gar nicht, was für gute und willige Pferde sie besitzen!!!
Bitte habt Freude am Pferd, erst dann am Pferdesport und zuletzt habt Freude an euch selbst und traut euch, ehrlich mit euch selber und gegenüber eurem Pferd zu sein!